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Drei Mal Mafia: Sonntag Tatort, Montag Die Story, Dienstag massive Polizeioperation!

9. Januar 2018 von S M

Soeben, vor ein, zwei Stunden, ist es zu einem massiven Schlag gegen die italienische Mafia gekommen, wie man ihn noch nie gesehen hat – mit weit über 150 Festnahmen in einer Operation, darunter einige auch in Deutschland, 13 genau. Die Operation richtete sich gegen den Farao-Clan, der seit Langem in Deutschland präsent ist. Der geneigte Leser mag darin eine Klimax erkennen, denn zählt man die Haftbefehle gegen die Mafia zusammen, kommt man selten auf die heute Nacht ergangenen 175. Und auch die rund 300 Festnahmen der Operation Crimine im Jahr 2011 setzen sich aus zwei Verfahren zusammen.

Es ist aber auch eine Klimax für mich, der Abschluss von drei verrückten Tagen!

Zuerst sendet die ARD am Sonntag einen Tatort, der wohl auf eine Anregung meines Vereins mafianeindanke zurückgeht (ich bin dessen Vorsitzender, so genau lässt sich aber nicht mehr klären, wie unsere Anregung auf fruchtbaren Boden gefallen ist, jedenfalls hat am Ende der Drehbuchautor Patrick Brunken einen gelungenen Film geschrieben und ich darf mich nun Berater des Tatorts nennen und war auch kurz darin zu sehen). In dem Tatort geht es um die Giftmüll-Geschäfte der Mafia, ein Thema, zu dem ich seit vielen Jahren recherchiere, eine Recherche, die auch mit dem Erscheinen meines Buchs „Die Müllmafia“ nicht endete. Und es geht um einen Kronzeugen, Patrick Brunken wurde von meiner Geschichte über Luigi Bonaventura inspiriert.

Gestern Abend lief dann die Reportage „Müll, Mafia und das große Schweigen“, eine Dokumentation von Christian Gramstadt unter anderem auch über meine Arbeit, im Rahmen der Reihe „Die Story“. Für diese Doku haben wir auch einige Staatsanwälte interviewt, deren Arbeit ich sehr schätze. Einer von ihnen ist Nicola Gratteri, der von den Kalabresen (außer den mafiösen) geliebt wird und beinahe den Status eines Stars hat (was auch gut so ist!). Ich konnte das selbst erleben, als ich zum Trame Festival in Lamezia Terme eingeladen war, ein Festival nur über Mafia- und Antimafiabücher, eine tolle, von einem ehrenamtlichen Team organisierte Veranstaltung.

Und heute hat dieser Staatsanwalt, Nicola Gratteri, zu einem quasi beispiellosen Schlag gegen die ’ndrangheta ausgeholt und 169 Mafiosi in Kalabrien und Deutschland festnehmen lassen, darunter auch ranghohe Gangster mit engen Bezügen zu Deutschland. Die genauen Details muss ich erst noch recherchieren, daher drücke ich mich hier noch vage aus. Zu gegebener Zeit also dazu mehr. Unter den Festgenommenen ist auch der Stuttgarter Mafia-Verdächtige Mario L., ein Mann, der früher enge Kontakte in die baden-württembergische Landespolitik unterhielt, der inzwischen aber in neuer Funktion tätig ist.

Eines steht aber jetzt schon fest: solche Wochen dürfte es ruhig häufiger geben, selbst wenn ich mir dann bald ein neues Thema suchen müsste…

Kategorie: Artikel, Blog, Italien, Mafia Stichworte: 'ndrangheta, Alb, Baden-Württemberg, Chitarra, Clan, Drogen, farao, festnahme, Filz, Geldwäsche, Giftmüll, Grande Aracri, Honoratioren, intersport, Kokain, Mafia, pizzaconnection, Remstal, Schickeria, Süddeutschland

Die Story mit mir, 8. Januar, 22:45 Uhr, ARD

1. Januar 2018 von S M

Im Oktober lief der auf meinen Recherchen basierende Film „das Gift der Mafia“ auf Arte. Christian Gramstadt, der Autor des Films, hat für die ARD eine weitere Version erstellt. In der Reihe „Die Story“ strahlt die ARD nun den Beitrag „Müll, Mafia und das große Schweigen“ aus. Leider bezieht sich das große Schweigen auch auf meine Rolle, die im Ankündigungstext unerwähnt bleibt, aber wir wollen nicht kleinlich sein… Schaltet ein, 8.1.2018, 22:45 Uhr, ARD!

Anfang Oktober 2017 sorgten die Ermittler in Reggio Calabria mit ihrer Aktion „Metauros“ wieder einmal für Furore. Im Visier: Mitglieder mächtiger ‘Ndrangheta-Clans, hohe Beamte und wichtige Unternehmen. Diesmal ging es nicht um Drogen oder Waffen, sondern um unlauteren Wettbewerb, Erpressung und Korruption im Bereich der Müll- und Abwasserentsorgung. Geschäftsfelder, mit denen sich kalabrische Mafia-Bosse Zugang zur kommunalen Verwaltung und zu politischen Ämtern verschafften. Es ging um Firmengeflechte, die mit Schmiergeldern und überhöhten Rechnungen für Profit und politischen Einfluss sorgten.

Von den Ermittlungen betroffen sind auch europäische Unternehmen wie der französische Müll- und Wasser-Multi „Veolia“, der bis 2013 unter anderem die einzige Müllverbrennungsanlage in Kalabrien führte, und der Terminalbetreiber des kalabrischen Hafens von Gioia Tauro MCT, einer der wichtigsten Containerumschlagplätze im Mittelmeer. MCT gehört zur deutsch-italienischen „Eurogate-Contship“-Gruppe.

Das Geschäft mit dem Müll
Müllentsorgung verschafft Einfluss und Macht und ist „… zum Rückgrat der Mafia geworden, um in den Bereich von Politik und Behörden einzudringen. Ein wirtschaftspolitisches Projekt, das die ‘Ndrangheta-Clans vereinte und sie damit sozusagen auf Industriestandard katapultierte“, so der kalabrische Staatsanwalt Giuseppe Lombardo.

Seit Jahrzehnten operiert die ‘Ndrangheta weltweit und erwirtschaftet dabei schätzungsweise mehr als 50 Milliarden Euro jährlich. In Deutschland verzeichnen die Fahnder Stützpunkte aktiver Mafiosi in allen wichtigen Wirtschaftsregionen und meist anscheinend ganz unbehelligt. So antwortete das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der „Grünen“ vom Juni 2017 zur Mafiaproblematik unter anderem: „Das Phänomen illegaler Abfallentsorgung, begangen durch Gruppierungen der italienischen Organisierten Kriminalität, ist der Bundesregierung bekannt. In Deutschland wurden diesbezüglich bislang keine Ermittlungen geführt.“

Illegaler Müllhandel ist ein Geschäftsfeld mit einer langen Geschichte: Vielen gilt 1989 als eine Art „Geburtsjahr“ kalabrischer Giftmüllskandale: Rein zufällig wurden im Ort Santa Domenica Talo in der Provinz Cosenza 60 Tonnen Krankenhausmüll entdeckt, der illegal in einem Firmenofen verbrannt werden sollten.

Giftmüll im Boden und im Meer
Ein Jahr später strandete das Schiff „Rosso“ nahe dem Küstenort Amantea. Große Teile einer möglicherweise hochgefährlichen Fracht sollen im nahe gelegenen Tal Oliva vergraben worden sein. Analysen dort verzeichneten: toxische Substanzen, Cäsium 137 und eine überdurchschnittliche Rate von Krebskranken und -toten.

Mehr als 100 Schiffe sollen im Mittelmeer mit Giften und radioaktivem Material an Bord versenkt worden sein. In Kalabrien selbst stehen mehr als 600 Müllkippen auf der staatlichen Beobachtungs- und Sanierungsliste. Geschehen ist von Seiten der Behörden dennoch bislang wenig – obwohl Umwelt-Aktivisten seit mehr als 20 Jahren Alarm schlagen und davor warnen, dass Kalabrien zur „Müllkippe Europas“ verkommt.

Stattdessen wurden Ermittler kaltgestellt und Prozesse verschleppt. Brisante Akten verschwanden in den Archiven. Einer der Top-Fahnder, Natale de Grazia, starb 1995 völlig unerwartet und unter dubiosen Umständen. Abhörprotokolle von Mafiabossen blieben unbeachtet. So sagte der ‘Ndranghetist Carlo Micò 2011: „Ich habe zehn Liter Nervengas. Das tötet in einer Reichweite von acht Kilometern. Ich habe es an einer Stelle vergraben. Jetzt will ich dort nicht mehr hin. Nervengas! Von einem Sowjet, einem Russen und gefährlichem Händler.“

Die neue, unsichtbare Mafia
Klar ist den italienischen Antimafiabehörden, dass toxische und radioaktive Stoffe aus den europäischen Industriezentren stammen. Und klar ist auch, dass die Interessen einer verdeckten Koalition aus kalabrischen Mafiaclans, Geheimlogen, Geheimdienstlern, Politikern und Industriellen bis heute vielfältig und mächtig sind. Die Staatsanwaltschaft geht von einer neuen, einer „unsichtbaren Mafia“ aus: einer kleinen Gruppe von Bossen, die sowohl die Familienclans als auch Politiker kontrollieren und die ganz große Deals einfädeln. In den vergangenen Jahren haben sie deshalb ihre Ermittlungen im Müllbereich intensiviert.

Zwei Jahre lang hat sich ein ARD-Team im Auftrag von Radio Bremen und Bayerischem Rundfunk in Italien und Deutschland auf Spurensuche begeben. Ermittler, Experten, Aktivisten, Informanten, Mafia-Aussteiger und die Opfer des tödlichen Geschäftes kommen dabei zu Wort.

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Stefan Weber (1960-2015)

1. September 2015 von S M

(c) www.stie.ch

Stefan Weber steht im Zentrum des vierten Teils des Buches „Die Müllmafia“ von meinem Co-Rechercheur Andrea Palladino und mir. Leider hat uns die folgende Nachricht erreicht:

„Liebe Freunde, Partner, MitarbeiterInnen und alle, die Stefan gekannt und geschätzt haben
Fassungslos müssen wir Euch mitteilen, dass Stefan Weber am 30. August 2015 am späten Abend verstorben ist. Mit nur 54 Jahren wurde er mitten aus dem Leben gerissen. Bis zum Schluss war er voller Ideen und Pläne für seine beruflichen und privaten Projekte und so voller Lebenslust und Lebensfreude, wie wir ihn alle gekannt haben. Die Trauer und der Abschied haben erst begonnen, die Lücke, die er hinterlässt wird kaum zu schliessen sein.
Stefan war an vielen verschiedenen Orten tätig und so gibt es in verschiedenen Ländern Menschen, die um ihn trauern. Für seine Mitarbeiter stellen sich auch Fragen nach dem Wie weiter. Wir bitten Euch alle, seine Ideen und Projekte vorläufig weiter zu führen als wäre er noch unter uns. Das wäre zweifellos auch in seinem Sinne.
In grosser Trauer
Wanda, Cinzia, Maja“

Mit Stefan Weber ist ein bewunderswerter Mensch gestorben: einer, der sich mutig gegen jede Widrigkeit stellte, stets der Aufklärung verpflichtet und dem Umweltschutz. Ein aufrechter Mann, der sich keinen falschen Autoritäten beugte. Er unterwarf sich nur seinem Gewissen, war klar und deutlich in seinen fundierten Urteilen – und doch immer für einen – oftmals auch politisch unkorrekten – Scherz gut. Kämpfer und Nonkonformisten wie er fehlen.

Wir, Andrea Palladino und Sandro Mattioli, verneigen uns vor Stefan Weber und seiner Lebensleistung. Sein aufopferungsvoller Kampf gegen die kriminellen Müllentsorger verdient Hochachtung. Seine Aktivitäten, egal, ob er sich an Schiffe festkettete, politisch kämpfte oder Informationen sammelte, hat die Gesundheit vieler Menschen gerettet, wenn nicht gar das Leben. Er und andere Mitstreiter haben dazu beigetragen, die Welt für ohnehin schon Entrechtete etwas besser zu machen.

Kategorie: Blog Stichworte: Buch, Giftmüll, greenpeace, Herbig, Mafia, Mattioli, Meer, Müll, Report, Sandro, Schiffe, Tettamanti, Verlag, versenken

Kommt jetzt endlich Licht ins Dunkel?

15. Mai 2014 von S M

Ein Bild von Ilaria Alpis letztem Interview. Screenshot: Sandro Mattioli
Ilaria Alpi in Somalia. Die Screenshots wurden von den Originalvideos abfotografiert, daher die schlechte Qualität. Screenshot: Sandro Mattioli
Ilaria Alpi in Somalia. Die Screenshots wurden von den Originalvideos abfotografiert, daher die schlechte Qualität. Screenshot: Sandro Mattioli

In wenigen Stunden werden in Italien die bisher geheim eingestuften Dokumente zum Tod der Journalistin Ilaria Alpi freigegeben. Ich habe den Fall in meinem Buch „Die Müll-Mafia“ geschildert.

Alpi war gemeinsam mit ihrem Kameramann Miran Hrovatin in Somalia erschossen worden, weil sie einem Zusammenhang zwischen italienischer Entwicklungshilfe, dem Waffenhandel und der Entsorgung hochgiftiger europäischer Abfälle auf die Spur gekommen war. Die Hintermänner dieser Tat wurden nie ermittelt, Recherchen blockiert, Gerichtsprozesse manipuliert und parlamentarische Untersuchungskommissionen ad absurdum geführt.

Ein Bild von Ilaria Alpis letztem Interview: Die Journalistin im Gespräch mit dem Piratenboss Omar Said Mugne. Screenshot: Sandro Mattioli
Ein Bild von Ilaria Alpis letztem Interview: Die Journalistin im Gespräch mit dem Piratenboss Omar Said Mugne. Screenshot: Sandro Mattioli

Dieses Bild hier zeigt sie bei ihrem letzten Interview mit einem Boss der lokalen Piratengruppe in Bosaso, einem Hafenstädtchen. [Weiterlesen…]

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In Gedenken an Roberto Mancini

5. Mai 2014 von S M

„Irgendjemand sagte, das sei Berufsrisiko, worauf ich antwortete, das Risiko eines Polizisten ist, in eine Schießerei zu geraten, aber nicht diese Art von Tumor“ – das sagte der Polizist Roberto Mancini vor wenigen Monaten im Interview mit mir. Obwohl seine Energie nur für rund dreißig Minuten Gespräch genügte, seine Ärzte ihm davon abrieten und er viel Ruhe brauchte, wollte er dieses Interview unbedingt geben. Jetzt ist er tot.

roberto mancini
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Carmine Schiavone und der Giftmüll in Neapel

26. März 2014 von S M

Ist deutscher Atommüll Schuld daran, dass Kinder in Kampanien an Krebs sterben? Wir konnten diese Frage leider nicht klären. Dazu müssten wohl die von dem Kronzeugen Carmine Schiavone beschriebenen Bleikisten gefunden werden. Doch ob jemand diese wirklich finden will, ist eine andere Frage. Es würde jedenfalls immense Folgekosten nach sich ziehen, ähnlich wie im Fall der mit Gift- und radioaktivem Müll beladenen und dann im Meer versenkten Schiffe.
Beim Bundeskriminalamt gibt man vor, mit Schiavone nicht über das Thema gesprochen zu haben, bei den beteiligten Landeskriminalämtern heißt es das gleiche und der Bundesnachrichtendienst äußert sich nicht – selbst wenn uns bestätigt worden ist, dass er damals, als Schiavone in Deutschland befragt worden ist, in die Sache involviert war. Dennoch ist aus dem gemeinsam mit meinen Kollegen Andrea Palladino und Mike Lingenfelser gedrehten Material ein schöner Film geworden, wie ich finde.
Heute geht mein für den Bayerischen Rundfunk erstellter Beitrag auf Sendung. Es hat Spaß gemacht, Bild und Ton zu einem Ganzen zusammenzufügen. Danke auch an meine hervorragende Cutterin Monika Müller.

Anmerkung: Eine Langversion des Beitrages lief im Magazin Kontrovers des bayerischen Rundfunks. Er ist hier online.

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