SANDRO MATTIOLI

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Das Grau in den Blick nehmen

5. November 2015 von S M

Heute ist mein Kommentar zur Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die Mitglieder der Mafia Capitale im Neuen Deutschland erschienen:

Heute beginnt in Rom das Hauptverfahren in einem bemerkenswerten Gerichtsprozess: 46 Mitglieder und Unterstützer der »Mafia Capitale« müssen sich dafür verantworten, dass sie mit Bestechungsgeldern öffentliche Aufträge erlangt haben: angefangen bei der Betreuung von Senioren und Flüchtlingen bis hin zu Bauaufträgen. Der Name der Bande ist insofern irreführend, wie die römischen Kriminellen nur losen Kontakt mit angestammten Mafiaorganisationen hatten. Sie sind eher als unabhängige Gruppe mit rechtsradikalen Führern zu sehen.

Dieses Verfahren zeigt, dass es keineswegs nur die angestammten Clans sind, die in einer parasitär bis symbiotischen Beziehung mit ihrem Heimatland leben – parasitär, indem sie mit ihrem Schmiergeld korrekt arbeitende Unternehmen verdrängen, symbiotisch, weil die Politiker, die die Kriminellen begünstigen, mitprofitieren. Im Gegenteil: Es gibt in Italien neben ausländischen Gruppierungen der organisierten Kriminalität eben auch einheimische Gruppen. Sie kopieren die klassische Mafia, gehören aber nicht zu ihr.

Solche Strukturen wachsen, wo es keinen Kontrolldruck gibt. [Weiterlesen…]

Kategorie: Blog Stichworte: 'ndrangheta, Experte, Grauzone, Kommentar, Legalität, Mafia, Mafia Capitale, Mattioli, Neues Deutschland, Renzi, Report, Reporter, Sandro

Der Reichtum der Sprache

15. Oktober 2015 von S M

Francesco Bianco und Sandro Mattioli: Bessersprecher Italienisch. 150 Redewendungen für ein ausdrucksstarkes Italienisch. Conbook-Verlag, Meerbusch. 9,95 Euro
Francesco Bianco und Sandro Mattioli: Bessersprecher Italienisch. 150 Redewendungen für ein ausdrucksstarkes Italienisch. Conbook-Verlag, Meerbusch. 9,95 Euro

Dieser Tage kommt ein neues Buch in den Buchhandel, das ich gemeinsam mit Francesco Bianco geschrieben habe, einem Linguisten und Freund von mir. Wir haben dafür 150 Redewendungen gesammelt, die im Italienischen oft benutzt werden, ihre Entstehung beleuchtet und dazu passende Informationen über Italien danebengestellt.
Am Anfang dachte ich, dass die Arbeit an diesem Buch etwas dröge werden könnte. Doch ich war bald vom Gegenteil überzeugt, und wie. Schon bei der Vorbereitung der Auflistung von Redewendungen merkten Francesco und ich, wie viel von einer Kultur und Gesellschaft in der Sprache steckt. Es klingt blöd, aber stellenweise arbeiteten wir uns fast in einen Rausch – und der lag nicht am hervorragenden tschechischen Bier, das wir dazu konsumierten. Sondern daran, dass es richtig Spaß machte, Italien über seine Redewendungen zu beschreiben. Scendere in campo (Die (politische) Bühne betreten) als eine Wendung, die Silvio Berlusconi dem Land vermacht hat; Ogni scarrafone è bello a mamma sua ( Jedem gefällt, was seines ist) – der Titel eines Liedes von Pino Daniele, der zu einem geflügelten Wort geworden ist;  Non dire »gatto«, se non ce l’hai nel sacco! (Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben) von Giovanni Trappatoni, einem Fußballtrainer, der nicht nur in Deutschland unvergessliche Ausdrücke geschaffen hat. Wir stießen auf viele Vorzüge Italiens und lasen aus der Sprache auch Nachteile heraus, etwa die geringe Rolle, die Frauen spielen. Selbst eine Fixierung auf Sexuelles wurde deutlich: der Teil mit Redewendungen in diesem Bereich ist einer der größten des Buchs. Wir hoffen, das Lesen macht genauso viel Spaß wie das Schreiben. Und auch, dass manch versteckte humoristische Einlage nicht unbemerkt bleibt…

Kategorie: Blog, Italien, Uncategorized Stichworte: Autor, Bessersprecher, Buch, Conbook, Francesco Bianco, Gesellschaft, Italien, Italien heute, Italienisch, Journalist, Kultur, Lernen, Lernheft, Linguistik, Mailand, Redensart, Redewendung, Reporter, Rom, Romanistik, Sandro Mattioli, Sprachbuch, Sprachführer, Sprachkurs, Sprachschule, Sprichwort, Tschechien, Universität

Volle Ladung Dank

10. November 2014 von S M

Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft in Tübingen, hat eine schöne Verteidigung des Qualitätsjournalismus‘ in der Zeit mit dem Titel „Volle Ladung Hass“ veröffentlicht. Dennoch konnte ich es nicht lassen, ihm zu widersprechen: [Weiterlesen…]

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Lieber den Tod

22. Oktober 2014 von S M

Bei der Recherche inmitten von Flüchtlingsbooten. Foto: Mauro D'Agati

Schon lange beschäftigt mich ein Thema, vielleicht, weil ich es in die Gene gelegt bekommen habe: die Migration. Ich sehe, wie Europa immer mehr zu dem Gebilde wird, das in dem Film „Der Marsch“ des Briten David Wheatley gezeichnet worden ist: einer Vereinigung von Staaten, die sich gegen Migranten aus Afrika abschottet. [Weiterlesen…]

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Der Froschkönig

1. Juli 2013 von S M

Rexhep Arapi, ein Froschfänger in Albanien. Foto: Sandro Mattioli

Nein, nicht. Noch nicht. Andon Shakaj hält den Türgriff seines schweren Geländewagens in der Hand und macht keine Anstalten, die Tür zuzustoßen. Der V6-Motor rumort schon eine Weile nicht mehr, der Wagen ist im asphaltierten Hof des Fabrikgeländes zum Stehen gekommen, doch der kleine Mann daneben bewegt sich keinen Schritt. Eigentlich könnte er jetzt vorangehen, durch das Rolltor, könnte die versprochene Besichtigung der Froschschenkelfabrikation beginnen. Shakaj aber, dem hier alles gehört, hat einen anderen Plan. Hier, hinter beige gestrichenen Betonmauern mit wenigen Fenstern verborgen, wird eine Delikatesse hergestellt, eine Delikatesse, die in Italien und Frankreich die Gourmets glücklich macht. Doch Shakaj will seinen Stolz lieber nicht zeigen. Er will weg. „Steigen wir ein, ich möchte Euch wo hinbringen“, sagt er. Man widerspricht ihm nicht, keiner tut das.

Novoselë, Albanien  Juli 2013, Beef

Shakaj setzt den Fuß wieder auf das Trittbrett des Nissans und schwingt seinen kleinen Bauch in die Höhe. Der bullige Kasten soll wohl unterstreichen, wer hier der Chef ist, vielleicht seine sanftmütige Erscheinung übertünchen. Jedenfalls dreht Shakaj den Zündschlüssel im Schloss, der Motor röhrt, irgendetwas quietscht. [Weiterlesen…]

Kategorie: Artikel, Lieblingstexte Stichworte: Adria, Albanien, Armut, Ausland, Beef, Beschaffung, Devisen, Feinschmecker, Flucht, Froschschenkel, Gourmet, investigativ, Italien, Journalismus, Journalist, Jugoslawien, Mattioli, Paris, Reportage, Reporter, Restaurant, Risotto, Roma, Sandro, Sinti, Staatsunternehmen, Tito

Mafioso außer Dienst

3. Juni 2013 von S M

Du musst wissen, welcher Knopf der richtige ist. Es ist eine typische italienische Klingelanlage: mattsilberne, runde Knöpfe, auf den Schildern daneben sind Namen eingraviert. «Bonaventura» brauchst du gar nicht erst zu suchen. Doch neben einem Knopf klebt ein handbeschriebener Zettel mit einem anderen Namen, seinem Tarnnamen. Es wirkt, als würde jemand hier nur für ein paar Wochen leben, vorübergehend. Der Zettel hängt jedoch seit Monaten. Diesen Knopf drückst du.

Irgendwo in Süditalien, Juni 2013, Reportagen

Ein Summen, ein kurzes Knattern, die Tür fällt hinter dir krachend ins Schloss, und du bist in einem Hauseingang: auf festem Marmor, die Wände sind ebenfalls marmorgefliest, bis ganz nach oben, die Decke ist freundlich gestrichen. Die Tür zum Aufzug stemmt sich wie jede Aufzugstür zunächst gegen das Aufziehen, dann kommt sie dir mit Schwung entgegen. Du drückst ein weiteres Mal auf einen Knopf, diesmal einen schwarzen, fährst einige Stockwerke nach oben und stehst vor einer Tür, einer normalen italienischen Wohnungstür in einem normalen italienischen Wohnhaus; sie scheint aus Holz zu sein, ist aber aus Metall. Diese hier ist sogar eines jener Modelle, die beim Schließen mehrere Riegel in den massiven Türrahmen treiben, weil in Italien doch so viel gestohlen wird. Vor Schüssen aber schützt sie nicht. [Weiterlesen…]

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