SANDRO MATTIOLI

Reporter, Autor und Referent

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Gratteri ist nicht allein

8. Februar 2021 von S M

Am Ende, nachdem er uns eine Stunde lang in seinem Büro ausführlich unsere Fragen im Interview beantwortet hat, begleitet uns der Staatsanwalt Nicola Gratteri zum Aufzug. „Dann müsst ihr nicht laufen und die ganzen Sachen die Treppe runtertragen“, sagt er und will uns schon verabschieden. Gemeinsam mit zwei wunderbaren Kollegen drehe ich eine Reportage über die ’ndrangheta für Arte. Wir waren sehr froh, dass der Antimafia-Staatsanwalt sich die Zeit für uns nahm, wo doch ein Maxi-Prozess in Lamezia Terme, eine Dreiviertelstunde entfernt, seine Abteilung in Beschlag nimmt. Gratteri fällt dann noch etwas ein. „Wartet einen Moment“, sagt er und verschwindet. Bald kehrt er zurück. „Ich habe noch was für Euch“, sagt er und streckt jedem von uns dreien einen Kugelschreiber hin. „Gratteri non è solo“, steht darauf, „Gratteri ist nicht allein“.

Bei unserer Fahrt in den folgenden Tagen quer durch Kalabrien wird man uns oft klar machen, wie sehr der Antimafia-Ermittler wertgeschätzt wird. Er ist eine Symbolfigur, einer, dem man vertraut, und der ein breites Kreuz hat. Der aber auch vor nichts zurückschreckt und die Mafia und ihre Unterstützer auskehrt, egal, wo sie sitzen, in der Wirtschaft, in der Politik, in der Justiz und auch die untreuen Kollegen in den Sicherheitsorganen. Der bereits erwähnte Prozess mit weit über 300 Angeklagten belegt das. Einer der Angeklagten ist ein Finanzpolizist, der 1969 im schwäbischen Leonberg geboren worden ist. Er arbeitet bei der Guardia di Finanza, führte wichtige Vernehmungen mit Kronzeugen durch und gab die Ergebnisse über Rechtsanwälte direkt an die Köpfe der ’ndrangheta-Clans in der Region weiter. Die Antimafia-Staatsanwaltschaft in Salerno, Kampanien, führt Ermittlungen gegen weitere Personen. Gratteri ist mit dem Aufräumen also noch nicht fertig. Auf der Anklagebank sitzen wieder auch Politiker, die der Anklage zufolge nicht dem Gemeinwohl gedient hatten, sondern der Mafia. Obwohl das Ausputzen wichtig ist, macht man sich damit nicht nur Freunde. Aber Gratteri ist wirklich nicht allein. Er hat die Bevölkerung hinter sich, und er hat Kolleginnen und Kollegen, die wie er Kalabrien, Italien, Europa und die Welt von der ’ndrangheta bereinigen wollen.

Ob dieser Kampf zu gewinnen ist, weiß niemand. Dafür, dass er geführt werden muss, wirbt der Staatsanwalt aber überzeugend, zumindest in Italien. Bei meinem letzten Besuch bei ihm hat er meiner Kollegin Margherita Bettoni und mir stolz einen Plan gezeigt für einen riesigen Gerichtssaal in Lamezia Terme, der auch unter Corona-Bedingungen einen Maxi-Prozess gegen die ’ndrangheta ermöglicht. Mit mehreren Zugängen, 150 zeitgleich möglichen Live-Verbindungen für Vernehmungen von Inhaftierten in Gefängnissen und Kronzeugen, die von ganz Italien zugeschaltet werden können. Mit Presseplätzen natürlich. In Rekordzeit von fünf Monaten wurde das Gebäude für das von ihm initiierte Projekt hergerichtet. Täglich von Montag bis Freitag tagt jetzt das Gericht in der Aula Bunker. Das Gebäude heißt so, weil sich auf dem Gelände, einem ehemaligen Industriegebiet, nebenan ein Bunker befindet.

Gratteri wollte, dass den Mafiosi in ihrer Heimat Kalabrien der Prozess gemacht wird. Direkt dort, wo sie, wie sich uns später bei unserer Reise zeigen sollte, die Bevölkerung misshandeln. Direkt dort, wo die Clans seit über 150 Jahren meinen, die Gegend für sich beanspruchen zu können. Wo Milliarden aus dem Drogenhandel, anderen illegalen und legalen Geschäften landen, und doch die Häuser verfallen.

In Italien hört man Gratteri zu. Seine Bücher, die er zusammen mit dem Wissenschaftler Antonio Nicasio schreibt, sind Bestseller. Gratteri ist in Talkshows zu Gast und seine Arbeit wird in den Medien ausführlich gewürdigt (wenn nicht gerade eine Splitterpartei dankbar eine Schwäche des italienischen Wahlsystems nutzt und die Regierung sprengt, wie am ersten Tag des Prozesses Rinascita Scott). Nach dreißig Jahren Ermittlungen gegen die ’ndrangheta gehört er zu den Menschen, die die Organisation wie kaum jemand anders kennen. Und daher warnt er unermüdlich vor den Gefahren der Organisation.

In Italien kennt man die Mafia-Clans, das Blut, die Morde, die Bomben, die Freunde in der Politik, dort findet er einen fruchtbaren Boden. Im Ausland verfangen seine Appelle dagegen ungehört. Aber Gratteri gibt nicht auf.

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Mafia-Prozess startet in Düsseldorf

7. Oktober 2020 von S M

Am Montag wird in Düsseldorf ein Gerichtsverfahren eröffnet, in der sich mehrere mutmaßliche Mitglieder der ’ndrangheta wegen Drogenhandels und anderer Delikte verantworten müssen. Als die Polizeiaktion damals, am 5. Dezember 2018, mit 90 Verhaftungen in mehreren europäischen Ländern ihren Höhepunkt fand, schrieben viele Medien voll des Lobes über den Erfolg. Ich fand es natürlich gut, dass man engagiert gegen diese ’ndrangheta-Gruppe vorgeht. Allerdings lief bei den Ermittlungen auch einiges schief, wie ich für mafianeindanke aufschrieb. Und es gab mehrere Fälle von Geheimnisverrat. Überhaupt ist es oft so, dass die wirklich interessanten Begebenheiten in Zusammenhang mit solchen Polizeiaktionen erst durch Recherche, Aktenanalyse und auch vor Ort ans Licht kommen. Leider tendiert man in den deutschen Medien dazu, relativ oberflächlich über Mafia-Aktivitäten in Deutschland zu berichten und auch das meist nur nach solchen Verhaftungen. Ich wünschte mir – natürlich nicht uneigennützig – mehr investigative Recherchen zum Thema. Auch bei diesem Thema hätte ich mir gewünscht, für ein Medium genauer hinschauen zu können. Oft ist auch die Nachgeschichte interessant. Beispielsweise wurde mir gesagt, dass die Pizzeria, die im Zentrum der Polizeiaktion stand, weiterhin geöffnet ist und von der Familie des Verhafteten betrieben wird. Ob dem wirklich so ist, habe ich nicht überprüfen können. Sollte es aber so sein, sage ich Glückwunsch zu dieser erfolgreichen Bekämpfung der Mafia…

Verweisen möchte ich auch auf ein Interview mit dem Oberstaatsanwalt Uwe Mühlhoff von der Staatsanwaltschaft Duisburg, der die Ermittlungen zur Operation Pollino leitete.

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Mit Todesdrohungen scherzt man nicht

23. April 2020 von S M

Dies ist ein Ausschnitt eines Buches eines Rechtsanwaltes, über das ich mich heute sehr geärgert habe. Fast schon als amüsant beschreibt der Autor in dem Buch eine tatsächliche Todesdrohung an einen Belastungszeugen. Ich habe daraufhin dem Autoren eine Email geschrieben. Denn es ist bei Mafiosi leider gang und gäbe zu drohen. Das muss man aber ernst nehmen, es ist ein (häufiger) Skandal – und keineswegs sollte man es so als Petitesse abhandeln, wie das die Autoren dieses Buchs hier tun.

Sehr geehrter Herr Ufer,

Mit Interesse aber auch Ärger habe ich die Passage über Sabatino Ciccarelli gelesen in Ihrem Buch „Nicht schuldig“. Ich anerkenne Ihr Talent, Geschichten schön und spannend zu berichten, allerdings kritisiere ich als Mafia-Experte die darin ausgedrückte Verharmlosung der Mafia-Präsenz in Deutschland, gipfelnd in der gegen Ende beschriebenen Einschüchterung des Kronzeugen im Gerichtssaal. Es ist zutreffend, dass die Figur Vincenzo Esposito nicht eindeutig ist. Gewiss ist aber, dass Sabatino Ciccarelli, genannt „Il Russo“, der Mafia nicht den Rücken zugewendet hat, wie Sie in Ihrem Buch schreiben. Vielmehr ist es so, dass er nach wie vor integraler Bestandteil seines Clans war, obgleich auch in anderer Funktion. Das weiß ich, weil es sein Boss, Carmine Schiavone, mir persönlich gesagt hatte. Schiavone war zum Kronzeugen geworden und hatte seinen Clan schwer belastet.

Ich kann verstehen, dass Sie als Anwalt ein Interesse daran haben, Ihren Mandanten im Hauptverfahren möglichst positiv darstellen zu wollen. Das ist Ihre Aufgabe als guter Anwalt. Ich halte es aber für kropfunnötig, dieses (falsche) Bild auch nach dem Urteil weiter aufrechtzuerhalten. Und es ist – bei allem Respekt – als ignorant zu bezeichnen, die im damaligen Prozess getroffenen Schutzvorkehrungen als lächerlich zu benennen, bedenkt man, wie viele Staatsanwälte und Richter von der Mafia wegen der Ausübung ihres Berufs ermordet worden sind. Unter den unschuldigen Opfern der Mafia sind übrigens auch viele Vertreter Ihres Berufszweiges.

Diese auch von Ihnen hier betriebene Verharmlosung von Organisierter Kriminalität macht es meinen Kolleg*innen und mir, die über Mafia und Organisierte Kriminalität arbeiten, mit dem guten Willen, Verhältnisse wie in Norditalien verhindern zu wollen, wo die Clans ganze Geschäftszweige systematisch unterwandert haben, schwer, Aufklärung zu erreichen.
Sollten Sie ein Interesse daran haben, mehr über die Gefährlichkeit von Mafia-Präsenzen in Deutschland zu erfahren, sprechen Sie mich gerne an. Gerne verweise ich Sie auch auf den Verein mafianeindanke , dessen Vorsitzender ich im Ehrenamt bin. Er hat sich diese nötige Sensibilisierung in Deutschland zur Aufgabe gemacht.

Mit freundlichen Grüßen,

Sandro Mattioli

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Warum die Mafia-Berichterstattung sogar Leben retten kann

17. März 2020 von S M

Die Wut: Habe soeben beim Aufräumen meines Postfachs ein Artikelangebot gefunden, dass ich 2015 an eine große deutsche Tageszeitung geschickt hatte. Darin war die Rede von einem Haftbefehl gegen einen Mafioso, der in Deutschland nicht anerkannt worden ist; der besagte Mann, ein Drogenhändler, wurde festgenommen und nach 24 Stunden wieder entlassen. In solchen Momenten packt mich immer wieder die Wut, dass deutsche Medien Mafia-Recherchen meist nicht veröffentlichen. Wäre damals in der Folge einer Berichterstattung der Mann festgenommen worden, würde ein 23 Jahre junger Mann heute noch leben. Der Mann wurde das (unbeteiligte!) Opfer einer Einschüchterungsaktion zweier Kontakte des Kurzzeit-Festgenommenen mit einer Pistole. Was lernen wir daraus: Ohne öffentlichen Druck machen Sicherheitsbehörden ihre Arbeit nicht ordentlich, werden Gesetze nicht an die Bedürfnisse angepasst, erfahren die Bürger*innen nichts von Mafia-Umtrieben und kann die Organisierte Kriminalität weiter gedeihen. Und ja, das fordert unschuldige Opfer.

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Vortrag in Frankfurt beim Wirtschaftsclub am 6.2.2020

3. Februar 2020 von S M

Frisch und erholt aus dem Urlaub zurück, starte ich in das Arbeitsjahr mit einem Vortrag im Ballsaal des Frankfurter Sofitel an der Alten Oper. Ich werde Neues über die Aktivitäten der Mafia in Deutschland berichten.
Ich freue mich auf die Veranstaltung und hoffe auf eine interessante Diskussion!

Weitere Informationen gibt es hier. Der Eintritt kostet zwischen 20 und 60 Euro.

Im Übrigen befinde ich mich damit in einer Reihe interessanter Persönlichkeiten: Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, Dr. Norbert Blüm, Dr. Rolf-E. Breuer, Prof. Dr. Utz Claassen, Heinz Dürr, Hans Eichel, Henri Giscard d´Estaing, Valery Giscard d´Estaing, Joschka Fischer, Hans-Dieter Genscher, Carlos Ghosn, Gregor Gysi, Hans-Olaf Henkel, Dr. Alfred Herrhausen, Dr. Klaus Kinkel, Roland Koch, Dr. Helmut Kohl, Hilmar Kopper, Dr. Bruno Kreisky, Klaudia Martini, Dr. Ulf Merbold, Dr. Angela Merkel, Dr. Hans Modrow, Reinhard Mohn, Heinz Nixdorf, Johannes Rau, Dr. Günter Rexrodt, Rudolf Scharping, Walter Scheel, Dr. Helmut Schmidt, Gerhard Schröder, Gerd Schulte-Hillen, Gesine Schwan, Dr. Lothar Späth, Dr. Manfred Stolpe, Dr. Franz-Josef Strauß, Jürgen Weber, Dr. Guido Westerwelle, Dr. Martin Winterkorn.

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Ein Mafiastaat in Europa: Schaut verdammt nochmal hin!

5. Dezember 2019 von S M

Corinne Vella, Schwester von Daphne Caruana Galizia, im Gespräch

Es gibt Gespräche, die fallen einem als Journalist nicht leicht. Wie ist es mit einer Frau zu sprechen, deren Schwester von einer Bombe in tausend Stücke gesprengt worden ist? Wie ist es, mit jemandem zu reden, deren Neffen die Mutter, deren Schwager die geliebte Ehefrau genommen worden ist? Wenn wir über Daphne Caruana Galizia sprechen, ist es zunächst das: Ein Mensch wurde seinen Geliebten genommen. Ich saß da, manchmal mit feuchten Augen.

Mein Verein mafianeindanke hat eine Konferenz organisiert, coreact genannt (correct/react/act), die zum ersten Mal Aktivist*innen aus aller Welt, die gegen die Mafia und Organisierte Kriminalität, gegen Geldwäsche und für Transparenz kämpfen, zusammen brachte. Den Eröffnungsabend im wunderbaren bUm – Raum für die engagierte Zivilgesellschaft, widmeten wir Jan Kuciak und seiner Verlobten und Daphne Caruana Galizia. Es ist Teil eines halbwegs verzweifelten Versuchs, den Morden an diesen Journalisten die Aufmerksamkeit zu geben, die aus unserer, aus meiner Sicht dringend nötig ist. Wenn inmitten von Europa politische Lenker mit der Mafia gemeine Sache machen, wenn Staaten für Projekte der Organisierten Kriminalität gekapert werden, wenn Journalisten, die dazu recherchieren, ermordet werden, dann sollten sämtliche Alarmglocken läuten, die Europa zur Verfügung hat. Doch das passiert nicht. Dabei sind hier zentrale Werte Europas wie Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit nicht nur verletzt, sondern zerstört. Vor allem der Fall Malta ist verstörend: korrupte Politiker dienen sich der Organisierten Kriminalität an, verkaufen unter anderem Visa und (europäische!) Staatsangehörigkeiten, bereichern sich über Briefkastenunternehmen und können dazu noch Ermittlungen gegen sich massiv beeinflussen bis unterbinden. Ja, Malta ist ein Mafiastaat, den man bisher in Europa weitgehend gewähren ließ.

Dagegen kämpfte Daphne Caruana Galizia. Mit ihrem Schwert, der scharfzüngigen Beobachtung und dem deutlichen Wort. Mit einem klar genordeten Kompass, der sie lehrte Korrektheit von Führungspersonen zu verlangen. Und mit einem ordentlichen Maß Hartnäckigkeit. Ja, Daphne Caruana Galizia war für viele eine Nervensäge, weil sie nicht aufhörte, Zustände anzuprangern. Aber Demokratien brauchen solche Nervensägen. Solche Charaktere, die sich nicht verbiegen lassen. Die Widerstände nicht scheuen. Und was waren das für Widerstände in ihrem Fall: Man versuchte, ihr haus anzuzünden, zwei Mal. Man überzog sie mit Klagen (im Übrigen wirkten daran ehrenwerte Rechtsanwaltskanzleien gerne mit). Man sperrte ihre Konten. Man bedrohte sie, vergiftete den Hund der Familie. All das, ich wiederhole mich, mitten in Europa. Und dieser europäische Mitgliedsstaat Malta vermochte es eben nicht, sie zu schützen. Nein, seine Führungsfiguren haben entweder dabei zugesehen oder sogar aktiv mitgewirkt, sie umzubringen. Und: diese Führungsfiguren sind heute noch, mehr als zwei Jahre danach, unbelangt.

Für mich als Journalist, der zur Mafia recherchiert und aufklärt, ist das natürlich auch eine persönliche Sache. Ich will nicht, dass von mir hochgeschätzten Kollegen so etwas passiert. Ich will nicht, dass mir so etwas passiert. Journalisten, die ihre Arbeit machen, dürfen nicht in einer solchen Gefahr sein. Und dennoch musste ich vernehmen, dass das Interesse an diesen für Europa an sich zentralen Geschehnissen marginal ist. Natürlich hat man vernommen, dass Jan Kuciak in der Slowakei ermordet worden ist. Es gab tolle Initiativen, die seine Recherchen fortgeführt haben. Natürlich wurde überall berichtet, wie man Daphne Caruana Galizias Wagen mit ihr drin in die Luft gesprengt hat und das Wrack hat wohl jede/r als Bild vor Augen gehabt. Aber wo ist das Interesse für die Hintergründe? Wer weiß schon genau, was die Mafiosi in der Slowakei gemacht haben? Wie sie sich mit europäischen Fördergeldern bereicherten? Wer weiß schon genau, wie die Mafiaclans Malta für die Geldwäsche nutzen? Und was österreichische Banken damit zu tun haben? Und wie Wettfirmen in Innsbruck mit Malta und der italienischen verbunden sind? Und welche Honorarkonsuln europäischer Mitgliedsstaaten dazu die Unternehmen eingetragen haben? Nein, soweit reicht das Interesse nicht. Es erfüllt mich mit Gram, aber mit diesem Desinteresse tragen wir alle ein kleines bisschen Mitschuld an den Toden. In dem Gespräch habe Corinne Vella, Daphne Caruana Galizias Schwester, gefragt, ob ein verstärktes Interesse an der Arbeit ihrer Schwester diese geschützt hätte. Im Grunde eine rhetorische Frage…

Es ist gut, dass Europa aufgewacht ist. Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ein eindeutiges, mahnendes Wort nach Malta geschickt. Sie hat zwar als Kommissarin eine Frau in ihren Reihen, über die Daphna Caruana Galizia ebenfalls berichtete, nämlich Helena Dalli, hier  und hier.  Frau Dalli hat offenbar sehr enge Verbindungen zu einem Kokaindealer, der 15 Jahre in Haft saß, also kein kleiner Fisch. Dennoch hoffe ich sehr auf Druck aus Europa. Denn es sind zwei Faktoren, die sich als wirksam rausstellten: Einige Europaabgeordneten, die Malta kritisch sahen und sehen – beispielsweise weigerte sich Roberta Metsola, dem Premier Joseph Muscat die Hand zu geben. Eine kleine, aber wichtige Geste, bedenkt man, dass in dessen Büro die Fäden zur Ermordung von Daphne Caruana Galizia zusammenliefen. Es gab in dieser Woche eine Kommission des Europaparlaments, die untersuchte, inwiefern die Rechtsstaatlichkeit in Malta gegeben ist. Das ist wichtig.

Die wichtigste Rolle spielt aber die Zivilgesellschaft in Malta. Abend für Abend kommen viele tausende Menschen vor dem Parlament zusammen, schreien ihre Wut heraus und fordern Gerechtigkeit. Die Regierung hat inzwischen den Platz zum Sperrgebiet erklärt, doch die Demonstrierenden machen weiter. Und auch das Mahnmal für die Ermordung von Daphne Caruana Galizia, das die Regierung seit seinem Bestehen jeden Abend von Blumen und Würdigungen freiräumen lässt, füllen die Menschen jeden Tag aufs Neue. Es ist traurig, dass die Zivilgesellschaft hier eine Rolle übernehmen muss, weil ein rechtlich wirksamer Hebel fehlt. Aber es lässt hoffen, dass es gelingt, dem Mafiastaat Malta wieder auf den rechten Weg zurückzuhelfen. Wir in Europa sollten der Zivilgesellschaft, die dort unser rechtsstaatliches Europa, unsere Pressefreiheit, unsere Grundrechte verteidigt, dankbar sein. Und sie nicht mit Nichtbeachtung strafen.

Kategorie: Uncategorized Stichworte: coreact, Daphne, Mafiastaat, Malta, Visum

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Ich arbeite für viele große deutsche, schweizerische und österreichische Medien. Zu meinen Kunden gehören Der Spiegel, Stern, Geo, Neue Zürcher Zeitung, Das Magazin (CH), Reportagen, Dummy, Blätter für Internationale Politik, Beef und viele weitere mehr, darunter liebevoll gemachte Spartenprodukte wie das Dummy-Heft, der Branchendienst Kress Pro oder das Kaffeemagazin crema. Als TV-Autor bin ich für Report München, den Bayerischen Rundfunk und Arte tätig. Zuletzt zeigte die ARD eine Ausgabe von "Die Story" mit meiner Mitwirkung.

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Als Referent werde ich aufgrund meiner profunden Kenntnisse der italienischen Mafia regelmäßig gebucht – von deutsch-italienischen Vereinen bis hin zu Wirtschaftsverbänden, die ihre Mitglieder für die Gefahren durch die Organisierte Kriminalität sensibilisieren möchten. Ich biete meinen Kunden allgemeine Informationsvorträge, aber auch speziell auf sie zugeschnittene Präsentationen, unterstützt von Film- und Tonaufnahmen aus meinem persönlichen Archiv. Zudem biete ich Politik und Unternehmen Fachberatung an.

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