… auf meiner runderneuerten Seite. Nach sechs Jahren mit dem Seiten-Verwaltungs-System Joomla habe ich auf WordPress gewechselt. Sieht schicker aus, ist einfacher in der Handhabung und vor allem ist es nicht so anfällig für Spam und Malware wie meine veraltete Joomla-Installation. Viel Spaß!
Der Froschkönig
Nein, nicht. Noch nicht. Andon Shakaj hält den Türgriff seines schweren Geländewagens in der Hand und macht keine Anstalten, die Tür zuzustoßen. Der V6-Motor rumort schon eine Weile nicht mehr, der Wagen ist im asphaltierten Hof des Fabrikgeländes zum Stehen gekommen, doch der kleine Mann daneben bewegt sich keinen Schritt. Eigentlich könnte er jetzt vorangehen, durch das Rolltor, könnte die versprochene Besichtigung der Froschschenkelfabrikation beginnen. Shakaj aber, dem hier alles gehört, hat einen anderen Plan. Hier, hinter beige gestrichenen Betonmauern mit wenigen Fenstern verborgen, wird eine Delikatesse hergestellt, eine Delikatesse, die in Italien und Frankreich die Gourmets glücklich macht. Doch Shakaj will seinen Stolz lieber nicht zeigen. Er will weg. „Steigen wir ein, ich möchte Euch wo hinbringen“, sagt er. Man widerspricht ihm nicht, keiner tut das.
Novoselë, Albanien Juli 2013, Beef
Shakaj setzt den Fuß wieder auf das Trittbrett des Nissans und schwingt seinen kleinen Bauch in die Höhe. Der bullige Kasten soll wohl unterstreichen, wer hier der Chef ist, vielleicht seine sanftmütige Erscheinung übertünchen. Jedenfalls dreht Shakaj den Zündschlüssel im Schloss, der Motor röhrt, irgendetwas quietscht. [Weiterlesen…]
Mafioso außer Dienst
Du musst wissen, welcher Knopf der richtige ist. Es ist eine typische italienische Klingelanlage: mattsilberne, runde Knöpfe, auf den Schildern daneben sind Namen eingraviert. «Bonaventura» brauchst du gar nicht erst zu suchen. Doch neben einem Knopf klebt ein handbeschriebener Zettel mit einem anderen Namen, seinem Tarnnamen. Es wirkt, als würde jemand hier nur für ein paar Wochen leben, vorübergehend. Der Zettel hängt jedoch seit Monaten. Diesen Knopf drückst du.
Irgendwo in Süditalien, Juni 2013, Reportagen
Ein Summen, ein kurzes Knattern, die Tür fällt hinter dir krachend ins Schloss, und du bist in einem Hauseingang: auf festem Marmor, die Wände sind ebenfalls marmorgefliest, bis ganz nach oben, die Decke ist freundlich gestrichen. Die Tür zum Aufzug stemmt sich wie jede Aufzugstür zunächst gegen das Aufziehen, dann kommt sie dir mit Schwung entgegen. Du drückst ein weiteres Mal auf einen Knopf, diesmal einen schwarzen, fährst einige Stockwerke nach oben und stehst vor einer Tür, einer normalen italienischen Wohnungstür in einem normalen italienischen Wohnhaus; sie scheint aus Holz zu sein, ist aber aus Metall. Diese hier ist sogar eines jener Modelle, die beim Schließen mehrere Riegel in den massiven Türrahmen treiben, weil in Italien doch so viel gestohlen wird. Vor Schüssen aber schützt sie nicht. [Weiterlesen…]
Brutale Stille
In dieser Geschichte fehlt viel. Es fehlen Namen, es fehlen Leben, es fehlen Schuldige, und es fehlen Gräber. Vor allem aber fehlt es an einem: an Menschlichkeit. Eine Reise nach Sant’Anna, wo die deutsche Waffen-SS im August 1944 fast ein ganzes Dorf auslöschte.
Sant’Anna, 6. Dezember 2012, Kontext:Wochenzeitung
Auf die kleine Piazza vor der Kirche scheint die Sonne. Das Eis schmilzt unter dem Licht ihrer Strahlen, auch wenn diese im Spätherbst kaum wärmende Kraft haben. Der Blick reicht dank der klaren Luft weit, bis tief ins Tal hinunter fällt er. Erst nach einer Weile spürt man, dass hier die Stille herrscht. Eine unangenehm frostige Stille. Sie ist nicht Ruhe und nicht Entspannung. Sie ist vielmehr verstummte Gespräche, der Mangel jener Geräusche, die das Leben hervorbringt. Es ist menschengemachte Stille, und sie währt in Sant’Anna di Stazzema schon lange: seit damals, seit 1944, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Brutale Stille, wenn man so mag.
Unter dem Eis der Piazza ist Gras zu erkennen. Breite Steinplatten bilden einen Weg zu der Kirche, deren Tür trotz der Kälte weit geöffnet steht. Kerzen leuchten im Inneren. Der Bau ist aus groben Steinen gebaut, im Inneren aber von einiger Eleganz. Dunkle Holzbänke stehen jetzt wieder in ihr. Dort, wo heute das Gras wächst, war vor 68 Jahren kein Halm mehr. [Weiterlesen…]
Es war einmal in Kalabrien
Der staatlichen HSH Nordbank droht der nächste Skandal. Das Institut hat einen Windpark im Süden Italiens finanziert, den die Behörden beschlagnahmt haben. Der Verdacht: ein Geldwäsche-Projekt der Mafia. Es geht um rund 200 Millionen Euro.
Isola di Capo Rizzuto/ Hamburg, Oktober 2012, Stern
Das Verkehrsschild sollte einmal vor kreuzenden Kühen warnen. Inzwischen ist es von Patronenkugeln durchsiebt, und es kündet so von ganz anderen Gefahren: Hier regiert die Gewalt. Es steht an einer löchrigen Straße mitten in Kalabrien. Sie verbindet das Örtchen Isola di Capo Rizzuto mit der Provinzhauptstadt Crotone. Das graue Asphaltband schlängelt sich zwischen 48 Windrädern hindurch. Hier, tief im Süden von Italien, ist in den vergangenen fünf Jahren einer der größten Windparks des Landes entstanden.
Wenn man die 96-Megawatt-Anlage besichtigt oder gar fotografiert, dann kommt ein grauer Volvo-Kombi angefahren. Ein Mann, grauhaarig, das Hemd leger aufgeknöpft, lässt die Scheibe runter, beugt sich herüber. Er wartet darauf, dass man ihn ansieht. „Tun Sie sich nicht weh“, sagt er dann. Es sind fürsorgliche Worte, doch sie klingen wie eine Drohung. Hinsehen ist hier nicht erwünscht. [Weiterlesen…]
Ein Krake, der lacht
Stuttgart, 9.11.2011, Kontext: Wochenzeitung
Wie einen Kraken, der Kinder aus Familien reißt und ins Heim steckt, stellen sich viele das Jugendamt vor. Was die Mitarbeiter der städtischen Behörde aber wirklich machen, weiß kaum jemand. Häufig kümmern sie sich um krasse Fälle. Hartmut Gerger unterstützt Eltern, die sich überfordert fühlen. Gerger ist Sozialpädagoge und arbeitet im Stuttgarter Süden; wir haben ihm bei seiner Arbeit über die Schulter geschaut.
Hartmut Gerger lacht gern und viel. So ein Lachen verrät viel über einen Menschen. Es kann offen sein und freundlich und dazu einladen, sich näherzukommen. Es kann scharfe Zähne freilegen, kann verletzen. Es kann aufgesetzt sein, dann blicken die Augen hart, und Fröhlichkeit erstarrt zur Maske. Hartmut Gergers Lachen ist vor allem stark. Selten laut, immer vornehm, und meistens trägt es etwas Mitfühlendes in sich. Nur an diesem Abend lacht Hartmut Gerger nicht. Der Sozialpädagoge, 46 Jahre alt, Mitarbeiter im Stuttgarter Jugendamt, gibt sich der Realität geschlagen. „Nach einem Tag wie diesem möchte ich am liebsten ein Weizenbier trinken gehen“, sagt er.
Gerger sitzt an dem kleinen, runden Tisch in seinem Büro im Stuttgarter Süden. Hierher kommen Menschen, die Rat suchen oder Hilfe brauchen: Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen, Mütter, die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind. Manchmal haben sie Kinder dabei, die mit der Erziehung ihrer Eltern überfordert sind. Oft ist Gewalt im Spiel. [Weiterlesen…]