„Irgendjemand sagte, das sei Berufsrisiko, worauf ich antwortete, das Risiko eines Polizisten ist, in eine Schießerei zu geraten, aber nicht diese Art von Tumor“ – das sagte der Polizist Roberto Mancini vor wenigen Monaten im Interview mit mir. Obwohl seine Energie nur für rund dreißig Minuten Gespräch genügte, seine Ärzte ihm davon abrieten und er viel Ruhe brauchte, wollte er dieses Interview unbedingt geben. Jetzt ist er tot.
Carmine Schiavone und der Giftmüll in Neapel
Ist deutscher Atommüll Schuld daran, dass Kinder in Kampanien an Krebs sterben? Wir konnten diese Frage leider nicht klären. Dazu müssten wohl die von dem Kronzeugen Carmine Schiavone beschriebenen Bleikisten gefunden werden. Doch ob jemand diese wirklich finden will, ist eine andere Frage. Es würde jedenfalls immense Folgekosten nach sich ziehen, ähnlich wie im Fall der mit Gift- und radioaktivem Müll beladenen und dann im Meer versenkten Schiffe.
Beim Bundeskriminalamt gibt man vor, mit Schiavone nicht über das Thema gesprochen zu haben, bei den beteiligten Landeskriminalämtern heißt es das gleiche und der Bundesnachrichtendienst äußert sich nicht – selbst wenn uns bestätigt worden ist, dass er damals, als Schiavone in Deutschland befragt worden ist, in die Sache involviert war. Dennoch ist aus dem gemeinsam mit meinen Kollegen Andrea Palladino und Mike Lingenfelser gedrehten Material ein schöner Film geworden, wie ich finde.
Heute geht mein für den Bayerischen Rundfunk erstellter Beitrag auf Sendung. Es hat Spaß gemacht, Bild und Ton zu einem Ganzen zusammenzufügen. Danke auch an meine hervorragende Cutterin Monika Müller.
Anmerkung: Eine Langversion des Beitrages lief im Magazin Kontrovers des bayerischen Rundfunks. Er ist hier online.
Mein Beitrag für Report München
Auch deutscher Abfall vergiftet die Menschen rund um Neapel – Carmine Schiavone und der Atommüll aus Deutschland. Ein Klick auf das Bild öffnet das Video in einem neuen Fenster.
Millionen Tonnen hochgiftigen Mülls soll der berüchtigte Mafia Clan der Casalesi auf den fruchtbaren Feldern rund um Neapel illegal vergraben haben. Ärzte beklagen seitdem steigende Krebsraten. Die Polizei beschlagnahmt kontaminiertes Gemüse. Erstmals im deutschen Fernsehen packt nun der Mafia-Kronzeuge Carmine Schiavone über das Geschehen auf dem heute Terra dei Fuochi, Feuerland, genannten Gebiet aus.
Bericht: Mike Lingenfelser, Sandro Mattioli, Andrea Palladino, Reinhard Weber
Wir sind in Süditalien. Auf der Fahrt zu einem Mafia-Kronzeugen – an einem streng geheimen Ort. Erstmals gibt Carmine Schiavone ein Interview im deutschen Fernsehen über das Geschäft mit Giftmüll aus Deutschland.
Als er uns in seinem Garten empfängt und erzählt, dass er hier nur biologisch anbaut, möchte man fast vergessen, dass dieser Mann viel Blut an den Händen hat. Jahrelang war er Chef der berüchtigten Casalesi.
Aus gutem Grund isst er nur noch sein eigenes Gemüse. Zu viel Giftmüll hat sein Mafia-Clan in den Äckern verbuddelt.
Carmine Schiavone, Mafia-Kronzeuge: „Ich esse nicht mal mehr die Tomaten aus der Dose.“
Besuch in der Villa des Ex-Mafiabosses. Sein Clan ist der Gefürchtetste rund um Neapel. Auch mit Waffen hatte er gehandelt, etwa Kalibern wie dieser Attrappe. Offen spricht er über hunderte Auftragsmorde und ein gutes Duzend, das er selbst verübt hat.
Carmine Schiavone, Mafia-Kronzeuge: „Wir haben sie mit Pistolenschüssen umgelegt, mit Maschinenpistolen und Gewehren, dann gab es das Strangulieren. Und wir haben sie in Säure aufgelöst oder sie an Orten vergraben, wo manche bis heute nicht gefunden wurden.“
Schiavone zeigt bei den Morden keine Reue. Aber eines will er nicht auf sich sitzen lassen: Dass sein Clan ganze Landstriche mit Giftmüll verseucht und damit Menschen vergiftet hat. [Weiterlesen…]
Was vom Tage übrig blieb
Antonio Di Leva aus Neapel hat vor vielen Jahren eine Erfindung gemacht, mit der heute viele Millionen Euro verdient werden: die Ein-Portionen-Kaffeedosis, besser bekannt als Kaffee-Pad. Reich geworden ist er damit nicht.
Neapel, November 2009, Crema-Magazin
Er hätte ein großer Erfinder werden können. Doch alles, was Antonino Di Leva blieb, passt jetzt in ein kleines Büro in einem Vorort von Neapel – und auch das wird bald aufgelöst: Ein paar alte Kartons, auf denen ein Aufdruck für seine „Prontadose“ wirbt, stehen in dem Raum, dazu drei Schreibtische und etwas Krimskrams. Zigarettenrauch hängt in der Luft. An einem der Tische arbeitet seine Sekretärin, aber nur einen halben Tag lang, und auch das nur bis die Unternehmensgeschichte endgültig für Di Leva abgewickelt ist. [Weiterlesen…]