Seit ich meinen Hochschulabschluss der Eberhard-Karls-Universität Tübingen in der Tasche habe, bin ich oft in die Stadt zurückgekehrt: vor allem um Freunde zu besuchen, einmal auch um ein Seminar zu halten, für die Talkshow Querfeldein. Am Montag, 18 Juni, bin ich wieder da, dieses Mal – und das ist mir eine besonders große Ehre – für einen Vortrag in der Neuen Aula (um 19 Uhr c.t. im Hörsaal 9). Das Institut für Kriminologie hat mich eingeladen, im Rahmen des kriminologisch-kriminalpolitischen Arbeitskreises über die Mafia in Deutschland zu referieren. Titel des Vortrages ist: Das gute Deutschland und die böse Mafia – ein halbes Jahrhundert friedliches Miteinander? Das mag zunächst irritierend klingen. Dass man das Thema ernsthaft diskutieren kann, wird hoffentlich der Abend zeigen. Ich werde in meinem Vortrag einer Frage nachgehen, die mich seit vielen Jahren beschäftigt, nämlich der, warum Deutschland nicht stärker gegen die Organisierte Kriminalität vorgeht, den Clans das Geld wegnimmt, überhaupt Geldwäsche mehr in den Fokus der Strafverfolgung stellt. Aber keine Sorge, mein Vortrag wird sehr praxisnah ausfallen.
Der Reichtum der Sprache
Dieser Tage kommt ein neues Buch in den Buchhandel, das ich gemeinsam mit Francesco Bianco geschrieben habe, einem Linguisten und Freund von mir. Wir haben dafür 150 Redewendungen gesammelt, die im Italienischen oft benutzt werden, ihre Entstehung beleuchtet und dazu passende Informationen über Italien danebengestellt.
Am Anfang dachte ich, dass die Arbeit an diesem Buch etwas dröge werden könnte. Doch ich war bald vom Gegenteil überzeugt, und wie. Schon bei der Vorbereitung der Auflistung von Redewendungen merkten Francesco und ich, wie viel von einer Kultur und Gesellschaft in der Sprache steckt. Es klingt blöd, aber stellenweise arbeiteten wir uns fast in einen Rausch – und der lag nicht am hervorragenden tschechischen Bier, das wir dazu konsumierten. Sondern daran, dass es richtig Spaß machte, Italien über seine Redewendungen zu beschreiben. Scendere in campo (Die (politische) Bühne betreten) als eine Wendung, die Silvio Berlusconi dem Land vermacht hat; Ogni scarrafone è bello a mamma sua ( Jedem gefällt, was seines ist) – der Titel eines Liedes von Pino Daniele, der zu einem geflügelten Wort geworden ist; Non dire »gatto«, se non ce l’hai nel sacco! (Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben) von Giovanni Trappatoni, einem Fußballtrainer, der nicht nur in Deutschland unvergessliche Ausdrücke geschaffen hat. Wir stießen auf viele Vorzüge Italiens und lasen aus der Sprache auch Nachteile heraus, etwa die geringe Rolle, die Frauen spielen. Selbst eine Fixierung auf Sexuelles wurde deutlich: der Teil mit Redewendungen in diesem Bereich ist einer der größten des Buchs. Wir hoffen, das Lesen macht genauso viel Spaß wie das Schreiben. Und auch, dass manch versteckte humoristische Einlage nicht unbemerkt bleibt…
Ein Leben mit Büchern
Heidelberg, 6.7.2011, Kontext: Wochenzeitung
Die Verlegerin Inge Feltrinelli, geborene Schönthal, hat kürzlich die Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg verliehen bekommen. Sie blickt auf achtzig Jahre eines hochspannenden Lebens zurück: Ihr Vater war Jude, weswegen sie im Nationalsozialismus die Schule verlassen musste. Sie traf als Fotografin Größen wie Ernest Hemingway, heiratete Giangiacomo Feltrinelli, einen italienischen Millionär und Verlagsbesitzer, der als linksradikaler Kämpfer in den Untergrund ging, und übernahm schließlich das Unternehmen, das heute ein Viertel des italienischen Buchmarkts beherrscht. [Weiterlesen…]