„Irgendjemand sagte, das sei Berufsrisiko, worauf ich antwortete, das Risiko eines Polizisten ist, in eine Schießerei zu geraten, aber nicht diese Art von Tumor“ – das sagte der Polizist Roberto Mancini vor wenigen Monaten im Interview mit mir. Obwohl seine Energie nur für rund dreißig Minuten Gespräch genügte, seine Ärzte ihm davon abrieten und er viel Ruhe brauchte, wollte er dieses Interview unbedingt geben. Jetzt ist er tot.
Roberto Mancini starb heute Nacht an einer Krebserkrankung, die vom italienischen Staat erst nach einem langem Kampf als Berufskrankheit anerkannt worden war. Jahrelang hatte Mancini seit 1994 gegen die illegale Entsorgung von hochgiftigen und radioaktiven Abfällen in der Gegend um Neapel gekämpft und war dafür auch nach Deutschland gereist, zur Mine Teutschenthal, wo gefährliche Abfälle abgelagert wurden. Mit seinen Recherchen hat er sich gegen mächtige Feinde gestellt: den Clan der Casalesi und die Hintermänner in schwarzen Anzügen; ehrenwerte Unternehmer aus Norditalien, die bereitwillig hochgiftige Abfälle nach Süditalien weiterleiteten, obwohl sie wussten, wie gefährlich die Abfälle sind, wenn sie erst einmal im Boden lagen; Rechtsanwälte, die die Geschäfte organisierten und Kontakt zu lokalen, regionalen und nationalen Politikern hielten.
Dieses schmutzige Geflecht hat Mancini aufgedeckt, doch sein 300 Seiten starker Untersuchungsbericht landete für viele Jahre in der Schublade, weitere Ermittlungen wurden unterbunden. Erst vor sechs Jahren holten mutige Staatsanwälte Mancinis Ermittlungen wieder hervor und eröffneten mit Hilfe von Mancini ein Verfahren gegen einige der für die Massenvergiftung Verantwortlichen. Erste Urteile wurden gesprochen, das Verfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen.
Roberto Mancini wurde nur 53 Jahre alt und hinterlässt Frau und Kind.