Manchmal frage ich mich, warum ich meinen Job eigentlich so liebe. Ich recherchiere im Bereich der italienischen Mafia. Ich riskiere etwas, ich arbeite international, ich treibe einen hohen Aufwand, ich biete Exklusivgeschichten an, ich probiere, Missstände zu beschreiben, in meinem Fall eben auf die unzureichende Verfolgung von Mafiagruppen in Deutschland hinzuweisen. Ich kümmere mich seit Jahren um das Thema, ich bin zum Experten geworden, ich habe Insiderwissen. Aber: Das ist alles nichts wert. Ich biete eine Geschichte an, die beschreibt, wie eine deutsche Staatsanwaltschaft nicht nur Ermittlungen gegen Mafiaclans verschleppt, sondern auch noch konkrete Hinweise von Insidern auf Drogenhandel bewusst nicht zur Kenntnis nimmt. Das grenzt an Strafvereitelung im Amt, von höchster Stelle. Die Recherchezeit lässt sich nicht klar bemessen, da es mehrere Treffen mit Informanten gab, aber es waren mindestens zehn volle Arbeitstage. Eine Zeitung bietet 250 Euro für einen Text, eine andere sagt, es gebe keinen Spannungsbogen, wohlgemerkt bei einem Artikel, der noch gar nicht geschrieben worden ist.
Ich glaube, in meinem nächsten Leben verkaufe ich Katzencontent oder irgendso’nen Scheiß.