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Die Story mit mir, 8. Januar, 22:45 Uhr, ARD

1. Januar 2018 von S M

Im Oktober lief der auf meinen Recherchen basierende Film „das Gift der Mafia“ auf Arte. Christian Gramstadt, der Autor des Films, hat für die ARD eine weitere Version erstellt. In der Reihe „Die Story“ strahlt die ARD nun den Beitrag „Müll, Mafia und das große Schweigen“ aus. Leider bezieht sich das große Schweigen auch auf meine Rolle, die im Ankündigungstext unerwähnt bleibt, aber wir wollen nicht kleinlich sein… Schaltet ein, 8.1.2018, 22:45 Uhr, ARD!

Anfang Oktober 2017 sorgten die Ermittler in Reggio Calabria mit ihrer Aktion „Metauros“ wieder einmal für Furore. Im Visier: Mitglieder mächtiger ‘Ndrangheta-Clans, hohe Beamte und wichtige Unternehmen. Diesmal ging es nicht um Drogen oder Waffen, sondern um unlauteren Wettbewerb, Erpressung und Korruption im Bereich der Müll- und Abwasserentsorgung. Geschäftsfelder, mit denen sich kalabrische Mafia-Bosse Zugang zur kommunalen Verwaltung und zu politischen Ämtern verschafften. Es ging um Firmengeflechte, die mit Schmiergeldern und überhöhten Rechnungen für Profit und politischen Einfluss sorgten.

Von den Ermittlungen betroffen sind auch europäische Unternehmen wie der französische Müll- und Wasser-Multi „Veolia“, der bis 2013 unter anderem die einzige Müllverbrennungsanlage in Kalabrien führte, und der Terminalbetreiber des kalabrischen Hafens von Gioia Tauro MCT, einer der wichtigsten Containerumschlagplätze im Mittelmeer. MCT gehört zur deutsch-italienischen „Eurogate-Contship“-Gruppe.

Das Geschäft mit dem Müll
Müllentsorgung verschafft Einfluss und Macht und ist „… zum Rückgrat der Mafia geworden, um in den Bereich von Politik und Behörden einzudringen. Ein wirtschaftspolitisches Projekt, das die ‘Ndrangheta-Clans vereinte und sie damit sozusagen auf Industriestandard katapultierte“, so der kalabrische Staatsanwalt Giuseppe Lombardo.

Seit Jahrzehnten operiert die ‘Ndrangheta weltweit und erwirtschaftet dabei schätzungsweise mehr als 50 Milliarden Euro jährlich. In Deutschland verzeichnen die Fahnder Stützpunkte aktiver Mafiosi in allen wichtigen Wirtschaftsregionen und meist anscheinend ganz unbehelligt. So antwortete das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der „Grünen“ vom Juni 2017 zur Mafiaproblematik unter anderem: „Das Phänomen illegaler Abfallentsorgung, begangen durch Gruppierungen der italienischen Organisierten Kriminalität, ist der Bundesregierung bekannt. In Deutschland wurden diesbezüglich bislang keine Ermittlungen geführt.“

Illegaler Müllhandel ist ein Geschäftsfeld mit einer langen Geschichte: Vielen gilt 1989 als eine Art „Geburtsjahr“ kalabrischer Giftmüllskandale: Rein zufällig wurden im Ort Santa Domenica Talo in der Provinz Cosenza 60 Tonnen Krankenhausmüll entdeckt, der illegal in einem Firmenofen verbrannt werden sollten.

Giftmüll im Boden und im Meer
Ein Jahr später strandete das Schiff „Rosso“ nahe dem Küstenort Amantea. Große Teile einer möglicherweise hochgefährlichen Fracht sollen im nahe gelegenen Tal Oliva vergraben worden sein. Analysen dort verzeichneten: toxische Substanzen, Cäsium 137 und eine überdurchschnittliche Rate von Krebskranken und -toten.

Mehr als 100 Schiffe sollen im Mittelmeer mit Giften und radioaktivem Material an Bord versenkt worden sein. In Kalabrien selbst stehen mehr als 600 Müllkippen auf der staatlichen Beobachtungs- und Sanierungsliste. Geschehen ist von Seiten der Behörden dennoch bislang wenig – obwohl Umwelt-Aktivisten seit mehr als 20 Jahren Alarm schlagen und davor warnen, dass Kalabrien zur „Müllkippe Europas“ verkommt.

Stattdessen wurden Ermittler kaltgestellt und Prozesse verschleppt. Brisante Akten verschwanden in den Archiven. Einer der Top-Fahnder, Natale de Grazia, starb 1995 völlig unerwartet und unter dubiosen Umständen. Abhörprotokolle von Mafiabossen blieben unbeachtet. So sagte der ‘Ndranghetist Carlo Micò 2011: „Ich habe zehn Liter Nervengas. Das tötet in einer Reichweite von acht Kilometern. Ich habe es an einer Stelle vergraben. Jetzt will ich dort nicht mehr hin. Nervengas! Von einem Sowjet, einem Russen und gefährlichem Händler.“

Die neue, unsichtbare Mafia
Klar ist den italienischen Antimafiabehörden, dass toxische und radioaktive Stoffe aus den europäischen Industriezentren stammen. Und klar ist auch, dass die Interessen einer verdeckten Koalition aus kalabrischen Mafiaclans, Geheimlogen, Geheimdienstlern, Politikern und Industriellen bis heute vielfältig und mächtig sind. Die Staatsanwaltschaft geht von einer neuen, einer „unsichtbaren Mafia“ aus: einer kleinen Gruppe von Bossen, die sowohl die Familienclans als auch Politiker kontrollieren und die ganz große Deals einfädeln. In den vergangenen Jahren haben sie deshalb ihre Ermittlungen im Müllbereich intensiviert.

Zwei Jahre lang hat sich ein ARD-Team im Auftrag von Radio Bremen und Bayerischem Rundfunk in Italien und Deutschland auf Spurensuche begeben. Ermittler, Experten, Aktivisten, Informanten, Mafia-Aussteiger und die Opfer des tödlichen Geschäftes kommen dabei zu Wort.

Kategorie: Blog Stichworte: ARD, Arte, Die Story, Dumping, gefährlich, Giftmüll, Journalist, Kalabrien, Mafia, Mattioli, radioaktiv, Schiffe, Story, versenken

Stefan Weber (1960-2015)

1. September 2015 von S M

(c) www.stie.ch

Stefan Weber steht im Zentrum des vierten Teils des Buches „Die Müllmafia“ von meinem Co-Rechercheur Andrea Palladino und mir. Leider hat uns die folgende Nachricht erreicht:

„Liebe Freunde, Partner, MitarbeiterInnen und alle, die Stefan gekannt und geschätzt haben
Fassungslos müssen wir Euch mitteilen, dass Stefan Weber am 30. August 2015 am späten Abend verstorben ist. Mit nur 54 Jahren wurde er mitten aus dem Leben gerissen. Bis zum Schluss war er voller Ideen und Pläne für seine beruflichen und privaten Projekte und so voller Lebenslust und Lebensfreude, wie wir ihn alle gekannt haben. Die Trauer und der Abschied haben erst begonnen, die Lücke, die er hinterlässt wird kaum zu schliessen sein.
Stefan war an vielen verschiedenen Orten tätig und so gibt es in verschiedenen Ländern Menschen, die um ihn trauern. Für seine Mitarbeiter stellen sich auch Fragen nach dem Wie weiter. Wir bitten Euch alle, seine Ideen und Projekte vorläufig weiter zu führen als wäre er noch unter uns. Das wäre zweifellos auch in seinem Sinne.
In grosser Trauer
Wanda, Cinzia, Maja“

Mit Stefan Weber ist ein bewunderswerter Mensch gestorben: einer, der sich mutig gegen jede Widrigkeit stellte, stets der Aufklärung verpflichtet und dem Umweltschutz. Ein aufrechter Mann, der sich keinen falschen Autoritäten beugte. Er unterwarf sich nur seinem Gewissen, war klar und deutlich in seinen fundierten Urteilen – und doch immer für einen – oftmals auch politisch unkorrekten – Scherz gut. Kämpfer und Nonkonformisten wie er fehlen.

Wir, Andrea Palladino und Sandro Mattioli, verneigen uns vor Stefan Weber und seiner Lebensleistung. Sein aufopferungsvoller Kampf gegen die kriminellen Müllentsorger verdient Hochachtung. Seine Aktivitäten, egal, ob er sich an Schiffe festkettete, politisch kämpfte oder Informationen sammelte, hat die Gesundheit vieler Menschen gerettet, wenn nicht gar das Leben. Er und andere Mitstreiter haben dazu beigetragen, die Welt für ohnehin schon Entrechtete etwas besser zu machen.

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